Mut, Ideen und Dialogbereitschaft gefragt

Eggermühlen beteiligt sich am Modellprojekt „Dorfgespräch“

Leben und Alt werden auf dem Dorf, Nahversorgung, Landwirtschaft, Ehrenamt, Integration von Zugezogenen und der Erhalt von Infrastruktureinrichtungen, damit Familien bleiben. All das sind Themen, die die Gemeinden im ländlichen Raum beschäftigen. Neben 24 weiteren Orten in Weser-Ems beteiligt sich Eggermühlen, als einzige Gemeinde im Landkreis Osnabrück, an dem niedersächsischen Modellprojekt „Dorfgespräch“. 

Bei einem Workshop in den Räumen der LandvolkHochschule Oesede hatten sich Mitglieder diverser Eggermühlener im August getroffen, um gemeinsam mit externen Referenten die Ist-Situation der Gemeinde zu beleuchten. Tim Strakeljahn von der Lingener Agentur Pro-t-in und Wilhelm Meyer, ehrenamtlicher Mitarbeiter der KreisvolkHochschule, die die Auftaktveranstaltung seinerzeit begleitet hatten, konnten zu einer Bürgerversammlung in der Mensa an der Schulstraße 60 Vereinsmitglieder und Interessenten begrüßen. Erfreut zeigte sich auch Bürgermeister Markus Frerker über die rege Resonanz. 

Insbesondere die Fragen, was den Lebensraum Dorf ausmacht und wo sich aktuell Herausforderungen ergeben, ein funktionierendes Dorfgefüge weiterhin aufrecht zu erhalten, standen im Fokus der Ausführungen von Tim Strakeljahn.

In der Mensa verfolgten einige Dutzend Besucher die "Dorfgespräch"-Auftaktveranstaltung in Eggermühlen

Mit Dorfleben, so der Referent, verbinde man häufig Attribute wie Zusammenhalt und Gemeinschaft sowie Tradition und Übersichtlichkeit. Dieses schätzten die Menschen eines Ortes. Zusammenhalt kann sich aber nur ergeben, wenn eine Identifikation mit dem Dorf als Lebensgemeinschaft existiert, so Strakeljahn weiter. Die zahlreichen traditionellen Veranstaltungen, das Vereinsleben sowie der Zusammenhalt ergeben sich nur dann, wenn sich Menschen für ihr Dorf einsetzen. Gemeinschaft entsteht nicht von allein, sondern bedarf einer gegenseitigen Verbundenheit und Aktivität. Traditionen und gemeinschaftliche Aktionen seien häufig ein Ergebnis der einst bestehenden gegenseitigen Verbundenheit durch Arbeit und Leben. Kirchliche Feiertage, traditionelle Feste und das Teilen von Freud und Leid, zum Beispiel bei Hochzeiten und Beerdigungen bieten oder boten Anlass dazu. Man unterstützte sich bei Ernteeinsätzen, in Notlagen oder bei der Sicherung der dörflichen Infrastruktur. Sowohl in der Gemeinschaft der Siedlungen als auch in der Landwirtschaft sei diese Unterstützung jedoch heute vielfach nicht mehr notwendig. Die Individualisierung und eine wachsende Konkurrenz ergäben mehr und mehr eine eingeschränkte Kommunikation miteinander. 

Zukunftsfähig aufstellen möchte sich die Gemeinde Eggermühlen. In einem „Dorfgespräch“ skizzierten Tim Strakeljahn und Wilhelm Meyer von der LandvolkHochschule Möglichkeiten, wie dieses gelingen können. Unser Fotoi zeigt die Referenten mit Bürgermeister Markus Frerker (v.l.)

Gerade vor der Herausforderung, wenn Gemeinschaft nicht mehr eine notwendige Voraussetzung zur Aufrechterhaltung einer dörflichen Gemeinschaft ist, so Strakeljahn, bedürfe es Menschen, die bereits seien, die Zukunft von lebenswerten Dörfern mit zu gestalten. DieserHerausforderung wolle sich das Projekt „Dorfgespräch“ stellen und möglichst viele Interessierte Bürger einer Gemeinde für einen konstruktiven Dialog an einen Tisch bringen. Kommunikation sei der Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit kleinerer Gemeinden.

Arne Ratte, Peter Schmitz und Ulrich Gövert berichteten über den vorangegangenen Workshop. Vereins übergeifende Veranstaltungen, engere Kommunikation zwischen Bürgern, Vereinen und Verwaltung waren einige Ansatzpunkte, die die Workshopteilnehmer in Bespielen aufzeigten.

Wilhelm Meyer sah die dörfliche Situation der Gemeinde Eggermühlen „als Außenstehender“ recht positiv. Wie ausgeprägt das „Wir-Gefühl“ in der Gemeinde sei, belegten beispielsweise der private Radwegebau oder die Errichtung des Kinder- und Jugendhauses quasi in Eigenregie. Trotz dieser positiven Signale, so Meyer, bedarf es Weitsicht, um sich zukunftsfähig aufzustellen. Er zitierte den Erfolgsproduzenten Walt Disney, der Zukünftsfähigkeit einmal in drei Schlagworte zusammengefasst hatte. Um einen Schritt in Richtung Zukunft erfolgreich meistern zu können, bedürfe es Visionäre, Kritiker und Realisten. Aus dem gemeinsamen Dialog dieser Gruppen ergäben sich vielfach zukünftsbeständige Konzepte.

Die anwesenden Vereinsmitglieder rief Meyer auf, ihre persönliche Ziele und Wünsche in Sachen lebendiger Dorfgemeinschaft in Stichworten zu Papier zu bringen. Bei einer weiteren Versammlung am 6. Oktober um 19 Uhr sollten Ergebnisse, Wünsche und Anregungen diskutiert und ein Positionspapier erarbeitet werden.

Das niedersächsische Modellprojekt „Dorfgespräch“ wurde 2013 durch die Katholische LandvolkHochschule Oesede (KLVHS) initiiert und in enger Zusammenarbeit mit dem Land Niedersachsen aufgelegt. Im dritten Jahr des Projektes sind neun weitere Dorfgemeinschaften im Raum Weser-Ems bei den Dialigprozessen zielgerichtet und nachhaltig miteinander ins Gespräch gekommen beziehungsweise befinden sich noch im Prozess.